Mit CF auf Reisen: Gute Planung ist alles
„Was will ich eigentlich in Zukunft machen?“ Als sich Nora diese Frage stellte, stand sie gerade am Anfang eines neuen Lebensabschnitts. Eigentlich suchte die heute 38-jährige nur nach einer neuen beruflichen Perspektive. „Und dann dachte ich mir: Nutz die Zeit doch zum Reisen!“ Aus diesem Plan wurde eine zweimonatige Reise durch Peru.
Für CF-Betroffene ist eine solche Fernreise nicht unproblematisch – aber in vielen Fällen machbar. Entscheidend ist die gute Vorbereitung. Und: eine gute Vertrauensbasis zu dem behandelnden Facharzt. Denn viele Aspekte können Betroffene nur dann klären, wenn sie ihre Ärztin oder ihren Arzt in ihre Pläne einweihen.
Nora hat sich genau daran gehalten und ihren Wunsch frühzeitig angesprochen. Sie ist auf viel Unterstützung gestoßen – allerdings auch wegen ihrer vergleichsweise milden CF-Form. Ihr Arzt, Dr. Matthias Welsner von der Ruhrlandklinik in Essen, versucht, Reisewillige zunächst einmal zu ermutigen. Für MukoStories blicken beide nun zurück auf die wichtigsten Schritte der Reisevorbereitung.
„Meine allererste Überlegung war natürlich: In welches Land gehe ich? Ich wollte meine Reise unbedingt mit etwas Sozialem verknüpfen – und das gab dann den Ausschlag“, erzählt Nora. Über eine Freundin fand sie ein Projekt in Peru, bei dem sie Fotografie, Reisen und die Arbeit mit Kindern verbinden konnte.
Peru hatte als Reiseziel einen entscheidenden Vorteil gegenüber manchen anderen Ländern. Denn: „Nicht in jedem Land ist die Erkrankung Mukoviszidose überhaupt bekannt“, sagt Dr. Welsner. „In den Ländern Asiens kommt CF praktisch nicht vor. Tritt dann auf der Reise ein Notfall ein, wird es schwierig.“ Bei Peru ist das anders: Die einheimischen Ärzte können CF behandeln.
Wegen Mukoviszidose sollte sich niemand vom Reisen abhalten lassen. Ist eine Fernreise unmöglich, macht das nichts: Jedes Land ist auf seine Art spannend.Nora
Nachdem das Ziel feststand, machte sich Nora anschließend an die Detailplanungen. „Mein erster Schritt war die Frage: Wo sind die nächsten Krankenhäuser auf meiner Reiseroute?“, erzählt sie. Für ihren Pneumologen ist das der richtige Ansatz. Bis auf ein Detail: Ein richtiger Plan für den Notfall ist elementar. Damals und heute ist Nora sich sicher: „Ich hätte mich einfach in das nächste Flugzeug nach Deutschland gesetzt“.
Für Dr. Welsner hat dieser Gedanke jedoch seine Tücken. „Es gibt auch chirurgische Notfälle. Oder welche, in denen das Fliegen an sich schwierig wird.“ Eine bessere Herangehensweise sieht er darin, die Versorgungsdichte an Krankenhäusern gut zu recherchieren, Kontaktnummern zu medizinischen Ansprechpartnern immer mit dabei zu haben und auch darin, persönliche Kontakte mit einheimischen Mukoviszidose-Betroffenen aufzubauen.
Das hatte auch Nora von Anfang an geplant: „Durch die globale Vernetzung ist das so einfach. Ich kann von zuhause aus Kontakte in den einschlägigen Foren und Gruppen knüpfen. Und wenn dann vor Ort etwas ist, kann ich mich dort melden. 'Hey, ich bin hier und ich habe dieses Problem. Wo kann ich mich hinwenden?' Und dann erhalte ich schnell Hilfe.
Die Medikamente: kalkulieren, verschreiben, transportieren
Reisende mit chronischer Krankheit müssen auch ihre lückenlose Versorgung mit Medikamenten im Blick haben. Wenn Patienten von Dr. Welsner mit Reisewunsch zu ihm kommen, lautet eine seiner ersten Fragen deshalb immer: „Wie stellen Sie sich das mit den Medikamenten bei der Reise vor?“
Daher müssen reisewillige CF-Betroffene ihren Medikamentenbedarf selbst gut kalkulieren und die Reisedauer entsprechend planen. Auch Nora hatte ihren Bedarf für die zwei Monate in Peru selbst berechnet. Dr. Welsner: „Die Patienten wissen meist sehr gut selbst, was sie am Tag benötigen. Das ist ja auch sehr festgelegt.“ Als Maßstab zog Nora ihren regulären Verbrauch daheim heran. Dabei sollte man aber immer lieber auf Nummer Sicher gehen und großzügig kalkulieren, sagt auch Nora: „Ich habe mich tatsächlich verrechnet und zu wenig Medikamente eingepackt.
Darauf müssen CF-Erkrankte achten:
- Die Medikamente können nicht nachgesendet werden. Das liegt unter anderem an Zollbestimmungen, wie Dr. Welsner erklärt. „Wenn ein großes Päckchen mit verschreibungspflichtigen Medikamenten beim Zoll ankommt, kann es sein, dass Fragen aufkommen. Oder sie das Päckchen gleich einbehalten.“ Die einzige Lösung: den gesamten Bedarf mitnehmen. So hat es auch Nora gemacht: „Mein Rucksack bestand zu einem Drittel aus Medikamenten.“
- Für die Einfuhr von verschreibungspflichtigen Mitteln brauchen privat Reisende eine ärztliche Bescheinigung. Dr. Welsner: „Wir stellen Bescheinigungen in mehreren Sprachen aus, die der Airline und dem Zoll belegen: Dieser Reisende ist chronisch erkrankt und hat deshalb diese Medikamente in dieser Menge dabei.“ Auch Nora hatte eine solche Bescheinigung im Gepäck: einmal auf englisch, einmal auf spanisch – und zusätzlich die Beipackzettel ihrer Medikamente ausgedruckt auf englisch. Eine gute Vorbereitung zahlt sich aus, bestätigt auch Dr. Welsner: „Ich habe noch nie gehört, dass es trotz dieser Bescheinigung Probleme bei der Einreise gab.“
- In Deutschland können Ärzte Medikamente nur maximal für ein Quartal verschreiben – bei einem stabilen Gesundheitszustand. „Das beschränkt die Reisedauer grundsätzlich auf etwa ein Quartal“, erklärt Dr. Welsner.
Ich rate meinen Patienten immer: Erlebt in eurem Leben so viel Schönes, wie ihr könnt. Es bringt nichts, Zuhause im Dunkeln zu sitzen.Dr. Matthias Welsner, Pneumologe an der Ruhrlandklinik in Essen
Und auch Mukoviszidose-Betroffene mit einer schwereren Form der Erkrankung können verreisen. Bei ihnen ist eine enge Absprache mit der Ärztin oder dem Arzt umso wichtiger. An deren Empfehlungen sollten sich die Reisewilligen dann auf jeden Fall halten. Und: Wenn es aus gesundheitlichen Gründen nicht die Fernreise sein kann, dann eben ein Urlaub an einem weniger entfernten Ziel. Innerhalb Deutschlands oder Europas lässt sich die Versorgung mit Medikamenten, Sauerstoff und Hilfsmitteln grundsätzlich sehr gut organisieren.
Trotz aller Planungsmühen: Nora hat das Reisefieber gepackt: „Wenn es das nächste Mal richtig kalt ist in Deutschland, möchte ich nach Südafrika und dort fotografieren. Das traue ich mir jetzt total zu.“
Längere Auslandsreisen und CF schließen sich also nicht aus. Mehr zum Reisen mit Mukoviszidose erfahrt ihr auch im Interview mit Denise, die zum Beispiel in einem ausgebauten Van in Südamerika unterwegs war. Sie hat uns erzählt, wie sie zum Reisen gekommen ist und warum sie am liebsten ihrer Intuition folgt.
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