„Das Krankenhaus gibt mir viel Kraft“
Zeitpunkt des Interviews: 2019
Ein größtenteils selbstbestimmtes, fröhliches Leben und regelmäßige Aufenthalte im Krankenhaus schließen sich nicht aus. Das beweist Sarah schon seit ihrer frühesten Kindheit. Die Diagnose erfuhren ihre Eltern gleich nach der Geburt: „Meine große Schwester war zu diesem Zeitpunkt bereits wegen Mukoviszidose in Behandlung. Da haben mich meine Eltern natürlich sofort testen lassen.“
Die regelmäßigen Krankenhausbehandlungen beider Mädchen gehörten irgendwann einfach zum Familienleben dazu. „Ich bekam regelmäßig ambulante Infusionstherapien, Physiotherapien oder Inhalationen. Abgesehen davon bin ich bis ins Jugendalter ganz normal aufgewachsen.“
Über die Jahre summierten sich Sarahs einzelne stationäre Aufenthalte. 2018 verbrachte sie dann über 160 Tage auf Station. „Zuerst war ich für drei oder vier Wochen im Krankenhaus in Mainz. Dann konnte ich entlassen werden. Aber nach zwei Wochen zuhause kam ich wegen meiner Atemprobleme wieder in die Notaufnahme“, erzählt sie. Kaum zurück in der Klinik wiederholte sich dieser Ablauf: Zunächst besserten sich die Symptome und Sarah konnte nach Hause – nur um nach einigen Wochen erneut in eine stationäre Behandlung zu müssen.
Dieses ständige Hin und Her zehrt an den Kräften. Doch Sarah begegnet den Unwägbarkeiten ihrer Mukoviszidose inzwischen routiniert. Über die Jahre hat sich ein festes Auffangnetz um sie herum gebildet, bestehend aus Familie, Freunden, Arbeit und dem digitalen Austausch mit anderen Betroffenen.
„Ich habe das große Glück, dass fast jeden Tag Besucher vorbeischauen“, erzählt sie. Auch an schlechten Tagen sitzt meist jemand neben ihrem Bett – selbst, wenn sie nur schläft. An den guten Wochenenden wird sie manchmal von der Klinik beurlaubt. Dann geht es mit den Eltern in die Stadt, ins Restaurant. Oder einfach nur für eine Stunde spazieren: „Dafür gibt es doch Rollstühle. Die Möglichkeiten sind immer da – auch, wenn es mir gerade nicht so gut geht.“
Es ist toll, anderen Mut zu machen. Dadurch bekomme ich auch ganz viel Kraft zurück.Sarah
Der Austausch mit anderen Mukoviszidose-Betroffenen ist für Sarah ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens geworden. Der Kontakt entsteht häufig über ihren Instagram-Account. „Anderen Patienten muss ich viel weniger erklären. Sie reagieren auf meine Sorgen und Ansichten aus einer ganz anderen Position als Nicht-Erkrankte.“
Aber auch Menschen ohne Zystische Fibrose haben ihren Account längst entdeckt. Sie reagieren auf ihre Posts, tauschen sich in den Kommentarspalten aus oder wünschen Sarah einfach Kraft für ihre weitere Therapie. Die Akzeptanz ihrer Posts hat sicherlich auch etwas mit deren Inhalten und Motiven zu tun. Fast alle Bilder zeigen eine strahlende, gut gelaunte Sarah. Die Erkrankung wird nur durch den Sauerstoffschlauch in ihrer Nase sichtbar. „Mir ist es wichtig, dass ich meine innere Einstellung auf meinem Kanal zeige“, erklärt Sarah. „Ich möchte zeigen, dass das Leben sehr schön sein kann – auch bei durchaus großen Einschränkungen.“
Der Krankenhausaufenthalt als Zeit zum Kraft tanken
„Natürlich sind die Tage in der stationären Behandlung sehr monoton. Ich bekomme meine Infusionen, mache meine Therapie. Aber ich kann mich wirklich nicht beschweren. Ich fühle mich auf meiner Station wie zuhause.“ Mittlerweile ist sie seit fünf Jahren im Mainzer Krankenhaus in ambulanter oder stationärer Behandlung. An ihrem Geburtstag hat ihre Ärztin einen Beamer und eine Leinwand für das Krankenzimmer organisiert. „Dann hatte ich ein Kino im Zimmer“, sagt Sarah.
Am Ende ist es der positive Blick auf ihr Leben, der Sarah viel Kraft schenkt. „Ich glaube, dass meine Einstellung sehr viel ausmacht. Wenn ich ständig betrübt wäre oder negative Gedanken hätte, dann würde ich fast gar nicht mehr aus dem Bett kommen… Was sich dann auch wieder sehr negativ auf meinen Gesundheitszustand auswirkt.“ Es ist diese innere Einstellung, die sie auch die schwierigen Tage überstehen lässt.
Dazu gehört natürlich auch ihr Blick auf das Krankenhaus. Ihre Aufenthalte sind eine Möglichkeit, Kraft zu sammeln für die Rückkehr in den Alltag. „Ich weiß heute, dass ich Krisensituationen nicht alleine managen muss. Ich habe Unterstützung: Von Schwestern, Ärzten, Physiotherapeuten. Dieses Gefühl überwiegt am Ende bei mir.“
Tolle Neuigkeiten: Über ihren Instagramkanal @pinguinkuh teilte Sarah im Juni 2019 ihren Followern mit, dass sie inzwischen eine Spenderlunge erhalten hat und auf dem Weg der Besserung ist. Das Team von MukoStories wünscht ihr weiterhin alles Gute!
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