Routiniert durch das Leben mit CF – warum Routine für Betroffene so wichtig ist
Im Alltag kann es ziemlich stressig werden: Man soll den Job erledigen und möglichst gute Arbeit abliefern, den Haushalt im Griff haben, Sport machen, zudem Zeit für Hobbies und Freunde finden. Doch all das, was für einen gesunden Menschen schon stressig wirkt, erscheint Menschen mit CF oft nur als Klacks.
Denn sie meistern diese „normalen“ Herausforderungen ebenfalls – und finden dazu noch Zeit für weitere Aufgaben: „Menschen mit CF haben eine wirklich riesige Aufgabenpalette, die in den Alltag integriert werden muss“, sagt Sarah Jeschke. „Das wäre eine große Herausforderung für jeden von uns.“ Sie müssen sich ihrer Therapie widmen, zu festgelegten Zeiten bestimmte Medikamente einnehmen, Arzttermine wahrnehmen, Sport machen, regelmäßig zur Physiotherapie gehen, inhalieren – das alles sind entscheidende Bausteine der CF-Therapie, die den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen und das Wohlbefinden steigern können.
Eine Routine hilft allen – aber insbesondere Mukoviszidose-Betroffenen
„All diese Dinge steigern die Lebensqualität von CF-Patienten deutlich“, sagt auch Sarah Jeschke. Umso wichtiger ist es daher, diese zusätzlichen Aufgaben auch in turbulenten Zeiten nicht zu vernachlässigen. Ganz besonders essenziell sei bei solch einem vollgepackten Tagesablauf eine gute und etablierte Routine. „Die hat gleich mehrere Vorteile“, sagt die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin: Zum einen sorge sie dafür, dass es automatisierte Abläufe gebe. „Man muss nicht mehr groß drüber nachdenken und kann in den Autopiloten umschalten“. Dadurch entstehe gedanklicher Freiraum, den man für die schönen Dinge des Lebens nutzen könne. Außerdem würden – rein psychologisch gesehen – im Gehirn Belohnungsstoffe ausgeschüttet, wenn man eine Routine habe und sich an sie halte.
Jeder, der seinen Behandlungsplan umsetzt, sollte stolz sein auf das, was er oder sie tagtäglich leistet.Sarah Jeschke
Wie finde ich die passende Routine für mich?
Eine perfekte Routine für jeden gibt es dabei aber nicht. Wichtig ist, in sich reinzuhören und zu überlegen: „Was fühlt sich für mich richtig an? Welcher Tagesablauf passt zu mir? Welche Gewohnheiten habe ich?“ Manch einer bringt unangenehme To-Dos lieber morgens hinter sich. Andere wollen sich lieber später am Tag damit beschäftigen – das sollte jeder für sich entscheiden. „Es gibt auch die Möglichkeit verschiedene Routinen auszuprobieren oder sie abzuwandeln“, sagt Sarah Jeschke.
Wie auch immer man sich seine Zeit aufteilt und für welchen Tagesablauf man sich entscheidet, ist es am Ende wichtig, auch immer etwas Schönes einzuplanen und sich für die Anstrengungen zu belohnen: ein Telefonat mit Freunden, die frische Luft genießen, durch eine Zeitschrift blättern. Das sollte genauso zur Routine gehören wie die Therapie, Arzttermine oder Bewegung. „Wir alle brauchen unsere Auszeiten“, sagt die Expertin. Es lohnt sich also von vornherein zu gucken, wo Pausen integriert werden können. So findet jeder eine Routine, an die er sich halten kann.
Wir alle brauchen unsere Auszeiten.Sarah Jeschke
Wer kann unterstützen?
Sarah Jeschke rät, eine Routine gemeinsam mit einer Person aus dem Behandlungsteam, also beispielsweise mit den Ärzten, Physiotherapeuten oder Psychologen, zu entwickeln: „Hinter jedem Betroffenen sollte immer ein Team stehen. Eine Gruppe, die zusammen nach Lösungen sucht und entscheidet, wie ein guter Tagesablauf für diese individuelle, chronisch erkrankte Person aussehen könnte und wie dabei die Balance gehalten werden kann. Keiner sollte sich dabei allein gelassen fühlen."
Diese Unterstützung von außen ist besonders wichtig, wenn man sich – trotz Routine – manchmal von allem überwältigt fühlt. „Es ist normal, dass das ab und zu vorkommt“, sagt sie, „jeder hat mal Phasen, in denen keine Motivation da ist.“ Es sei aber wichtig, dass man einen Ausweg daraus und zur alten geregelten Gewohnheit zurückfindet.
Wie hält man durch?
Wie aber schafft man es, trotz fehlender Motivation durchzuhalten, und sich nach der eigenen Routine zu richten? Sarah Jeschke hat gleich mehrere Ideen: „Ganz konkret finde ich es eine schöne Lösung, sich selbst in guten Zeiten einen Brief zu schreiben für genau solche schlechteren Momente.“
Am besten sei es, in eigenen Worten festzuhalten, warum es einem gerade gut geht und was die Routine dazu beigetragen hat. Dann erinnert man sich wieder daran, dass es besser geht“, erklärt die Verhaltenstherapeutin, „und kann sich leichter aufraffen, zu ihr zurückzukehren.“ Außerdem sei es sehr wirksam, wenn man sich belohne – und zwar auch schon für kleinste Teile der üblichen Routine, die man bewältigt hat. Die Belohnungen entfachen den Willen, wieder zum eingespielten Tagesablauf zurückzukehren.
Kurz: Eine tägliche Routine in der Therapie ist bei einer chronischen Erkrankung das A und O. Eine Routine sollte ganz individuell entwickelt werden – und sowohl die nötigen Pflichten als auch entspannende Aktivitäten dazwischen enthalten. Wenn man dazu noch Hilfe von außen holt und einige Hilfsmittel einsetzt, fällt es leichter, sich auch in schwierigen Phasen an die Routine zu halten.
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