Reisen mit Mukoviszidose: Joshuas inspirierende Geschichte
Erstellung des Artikels: November 2024
Abenteuerlust trotz Mukoviszidose: Wie Joshua auf zwei Rädern die Welt erobert
Extreme Motorrad-Touren durch entlegene Regionen Afrikas, Asiens und Südamerikas mit Mukoviszidose – geht das überhaupt? Es geht! Dafür ist Joshua Steinberg das beste Beispiel. Hier erzählt er, wie er trotz verminderter Lungenkapazität und CFRD jede Herausforderung meistern und den Augenblick genießen kann.
Was alles möglich ist – auch mit Mukoviszidose
Ein Leben ohne seine Maschine kann sich Joshua Steinberg nicht vorstellen. Seit frühester Jugend ist der 33-Jährige leidenschaftlicher Motorradfahrer, war sogar Hessen-Meister im Trail, einer Art Crossparcour im Gelände. Was daran so besonders ist? Joshua hat Mukoviszidose, auch zystische Fibrose (CF) genannt, eine chronische Erkrankung, bei der zäher Schleim Atemwege, Lunge und Verdauungsorgane einschränkt und zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Doch Joshua hat sich davon nie aufhalten lassen. Die Möglichkeit, entlegene und exotische Orte auf der ganzen Welt per Motorrad zu erkunden, erfüllt ihn mit Freude und Abenteuerlust. Es gibt ihm das Gefühl, lebendig zu sein und seine Träume verwirklichen zu können.
Motorrad bedeutet für mich pure Freiheit, ein unglaubliches Lebensgefühl.Joshua
Diagnose und Umgang mit seinen Erkrankungen
Joshua lebt im hessischen Haunetal. Er war im Säuglingsalter, als bei ihm Mukoviszidose diagnostiziert wurde. „Damals hieß es, ich werde maximal 30 Jahre alt. Inzwischen bin ich 33 Jahre alt“, sagt der gelernte Tischler stolz. Seine Eltern sorgten schon früh dafür, dass er so normal wie möglich aufwächst – mit einer stabilen Psyche und sehr viel Training: “Meine Eltern haben die Krankheit und die damit verbundene Therapie nie als Ausrede gelten lassen. Mein Vater sagte mir immer: Wenn du im Wettkampf Erster werden willst, musst du dreimal so hart trainieren.“
Diese Philosophie prägt Joshua bis heute. Er akzeptiert seine Krankheit als wichtigen Teil von sich, lässt sie aber nicht als etwas gelten, das ihn einschränkt. Und so sieht er auch den Umgang mit CF. Inhalationen und andere therapeutische Maßnahmen gehören seit seiner Kindheit und weiterhin auch auf Reisen zu seinem Alltag. „Es gehört zu meinem Leben dazu. Es kostet Zeit, aber diese Zeit ist mir wertvoll“, sagt er. In regelmäßigen Abständen unternimmt er Reisen, die ihm helfen, neue Energie zu schöpfen und sich seiner selbst zu vergewissern.
Zu seiner Mukoviszidose-Erkrankung kam im Alter von 16 Jahren noch CFRD hinzu, was seinen Alltag weiter erschwerte. Doch auch das hat Joshua als Herausforderung betrachtet und einen Weg für sich gefunden, damit umzugehen: „Ich habe mich intensiv mit dem Thema beschäftigt und Krafttraining für mich entdeckt. Seitdem habe ich nie mehr aufgehört zu trainieren“, erzählt er. Dank dieser Disziplin ist sein Insulinbedarf seit der Diagnose konstant geblieben. „Seitdem bin ich fitter als je zuvor“, freut er sich.
Inhalationen gehören zu meinem Leben dazu. Es kostet Zeit, aber diese Zeit ist mir wertvoll.Joshua
Die Herausforderung annehmen und gelassen bleiben
„Ob ich jetzt Extremsportler bin, weiß ich nicht,“ sagt Joshua bescheiden. Doch was ihn wirklich auszeichnet, ist seine Fähigkeit, in stressigen Situationen die Ruhe zu bewahren. Wenn man sich nicht stresst und ruhig bleibt, kann man als Betroffener so viel mehr erreichen,“ erklärt er. Diese Gelassenheit ist ein wesentlicher Schlüssel zu seinem Erfolg. Das gilt auch in Krisensituationen, von denen es auf seinen Reisen reichlich gab: „Im extrem trockenen Klima in Namibia habe ich aufgrund meines ohnehin gereizten Lungengewebes Lungenblutungen entwickelt,“ sagt er. In dieser entlegenen Region war weit und breit keine medizinische Versorgung in Sicht. Andere würden in Panik geraten, doch Joshua konnte sich auf seinen Körper und seine Psyche verlassen: „Ich habe mich ans Meer gesetzt, meinen Kreislauf durch Meditation runtergefahren, meinem Körper die Ruhe gegönnt, die er brauchte und dann schloss sich das Gefäß wieder und ich konnte weitermachen“, sagt er. Ein starkes Vertrauen in seinen Körper und einen positiven Geist zu bewahren, ist für Joshua entscheidend. Dieses Urvertrauen in seinen Körper ließ ihn auch trotz Bedenken seiner Ärzte in Südamerika einen 6.000 Meter hohen Vulkan besteigen. „Du musst immer wieder in dich hineinhorchen, ob dein Körper das kann. Es ist eine Frage der Herangehensweise, Schritt für Schritt zurückzulegen und nichts zu erzwingen. Und dann stellst du fest, dass du es extrem weit bringen kannst.“
Medizinische Versorgung und organisatorische Planung
Seine Reisen muss Joshua sorgfältig planen: Wie viele Medikamente braucht er? Medizinische Versorgung und eine gute Organisation sind essentiell, um seine Gesundheit während der Reisen aufrechtzuerhalten. Alle Medikamente für zwei Jahre mitnehmen? Das würde nicht funktionieren. Also schickt sein Bruder die benötigten Medikamente hinterher, wenn sein Vorrat unterwegs sich dem Ende zuneigt. Aber wie gelangen sie in die entlegensten Gebiete? „Mit DHL kommst du nicht weit. Doch es gibt Internetforen, die nur dafür da sind, dass Reisende anderen Reisenden etwas mitbringen und es dann hinterlegen“, erklärt Joshua.
So bleibt die Behandlung seiner Mukoviszidose auch in entlegenen Gebieten gewährleistet. Obwohl er keinen dieser Kuriere persönlich kennengelernt hat, ist nie etwas schiefgelaufen: „Es zeugt von einem enormen Vertrauen, dass man lebenswichtige Medikamente einem Fremden anvertraut, und der sich umgekehrt darauf verlassen kann, dass seine Kurierdienste nicht missbraucht werden.“
Ein Problem beim Transport gibt es jedoch: Bei Erschütterungen, die sich häufig nicht vermeiden lassen, würden sich Tabletten mit instabiler Außenhülle pulverisieren. Doch auch hierfür hat der Weltreisende eine kreative Lösung gefunden: In wasserdichten Behältern gut verpackt zwischen Mikrofasertüchern gelingt der Transport reibungslos.
Umgang mit CF-spezifischen Herausforderungen
Mit seiner Erfahrung hat Joshua gelernt, Risiken abzuschätzen und ruhig zu bleiben. Er hat Respekt, aber keine Angst - eine wichtige Einstellung im Leben mit seinen Erkrankungen. Angst sei gefährlich, findet er, weil sie dich handlungsunfähig macht.
In Kamerun erkrankte er an Malaria, Typhus und Bronchitis und musste ins Krankenhaus, wo ihm eine Antibiotika-Infusion half, wieder auf die Beine zu kommen. Es war eine schwer zu bewältigende Erfahrung, die seine Gesundheit stark beanspruchte. „Ich glaube, dass meine Infektanfälligkeit aufgrund meiner Mukoviszidose im Vergleich zu anderen höher ist“, sagt er. Daran verzweifelt Joshua nicht, sondern ändert, wie es typisch für ihn ist, seinen Blickwinkel: Er legt seinen Fokus nicht auf die Grenzen seines Körpers, sondern auf seine Fähigkeit, sich zu erholen und weiterzumachen.
Joshuas best-off-Tipps für andere CF-Betroffene
Warte nicht zu lange und verpasse den richtigen Moment
„Die Leute sollen einfach machen. Wenn man beispielsweise mit einem Kind mit CF zusammentrifft, stellt man fest, wie beeinflussbar die Einstellung durch äußere Erlebnisse und Vorbilder sein kann. Je mehr du denkst, desto mehr Zweifel entstehen. Leben misst sich nicht in Tagen, Monaten oder Jahren, sondern in Erlebnissen. Und für Erlebnisse muss man Mut haben. Die tollsten Erlebnisse habe ich, wenn es nicht nach Plan läuft. Abenteuer bedeutet auch, dass du an deine Grenzen kommst. Dann wird es interessant.“
Lasse deine Erkrankung nicht die Oberhand gewinnen
„Der Geist regiert den Körper. Wenn ich etwas möchte, kann ich das auch umsetzen. Es ist die Einstellung, die das bewirkt. Der Traum muss nicht sein, auf dem Motorrad die Kontinente zu durchqueren oder den Mount Everest zu besteigen. Es kann zum Beispiel der Jakobsweg sein – zusammen mit einem Kumpel, der dir den Rucksack trägt. Die kleinen Ziele sollte man nicht aus den Augen verlieren. Dazu gehört eine gesunde Selbsteinschätzung. Ich könnte mit meinen Voraussetzungen auch nicht auf den Mount Everest. Ich bin nicht stark genug, allein die Sahara zu durchqueren, obwohl das mal ein Plan war. Ich weiß ungefähr, was ich kann, und das mache ich dann auch.
Menschen mit Mukoviszidose sind viel stärker als sie glauben
„Die meisten Menschen mit Mukoviszidose sind viel stärker als sie glauben und können mehr, als sie sich vorstellen können. Ihr Potenzial ist häufig größer, als sie selbst annehmen. Meine Geschichte kann auch Menschen mit schlechteren Voraussetzungen motivieren – vielleicht gerade die. Ich halte regelmäßig Vorträge in Diabetesgruppen, Wirtschaftsunternehmen und unter Familien und Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen und die Leute gehen jedes Mal mit einem Grinsen im Gesicht raus und haben plötzlich eine neue Energie. Das ist ein schönes Gefühl, wenn ich dadurch andere Menschen reicher machen kann.“
Reflektiere dein Leben und ordne es ein
„Durch die vielen Begegnungen und Erlebnisse auf meinen Reisen habe ich eine tiefe Wertschätzung für mein Leben und die Möglichkeiten entwickelt, die mir trotz meiner Erkrankung offenstehen. Manchmal, wenn ich mit meinem Leben hadere, denke ich an das Schicksal all der Menschen, die mir auf den Reisen begegnet sind. Wenn ich in einem anderen Land der Welt geboren wäre mit einer weniger guten medizinischen Versorgung, dann hätte ich mein zehntes Lebensjahr nicht erlebt. Wir haben so ein Glück mit unserem hervorragenden Gesundheitssystem. Uns geht es so unvorstellbar gut. Das gibt mir Kraft und Motivation weiterzumachen und meine Träume zu verfolgen.“
Durch die vielen Begegnungen und Erlebnisse auf meinen Reisen habe ich eine tiefe Wertschätzung für mein Leben und die Möglichkeiten entwickelt, die mir trotz meiner Erkrankung offenstehen.Joshua
Wer mehr über Joshua erfahren möchte, kann sich gerne auf seinem Instagram Account @wetzlosweltwaerts umsehen oder seine Website wetzlosweltwärts.de besuchen und weitere Infos zu Vorträgen und seinen Büchern erhalten.
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